Buenos
Aires, 8.9. - 13.9.04
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Ist
Argentinien tatsächlich das Land des Tango,
der Rindersteaks und der schönen Menschen?
Da
sich die Chilenen im Allgemeinen aus dem Blickwinkel
des gemeinen Europäers ziemlich ähnlich
sehen, war ein Besuch in Argentinien eine willkommene
Abwechslung. Sowohl für die Augen als auch
für den Gaumen. Der Einfluß der italienischen
Einwanderer ist dort ganz deutlich zu spüren,
sei es im außerordentlich ausgeprägten
Modebewußtsein der Menschen oder der Liebe
zu gutem Essen, welches man dort selbst in jedem
ollen Straßenimbiß zu Spottpreisen
bekommt.
Insbesondere
das hervorragende Essen ist wahrscheinlich die
dominierende Erinnerung, die ich von Buenos Aires
mit ein bißchen mehr zeitlichem Abstand
haben werde. Zarte, saftige Steaks und viel guter
Rotwein. Ich war jeden Tag mindestens zweimal
Essen und habe die Tage, aufgrund des vielen Rotweins
schon zum Mittagessen, alle mehr oder weniger
im „Dauerglückszustand“ verbracht.
Das Vorurteil, welches Argentinien als das Land
der Rindersteaks bezeichnet, kann ich absolut
bestätigen. Gott sei Dank muss ich sagen.
Dadurch waren mir nämlich vier Tage mit überwältigenden
Gaumenfreuden vergönnt. Und das zu Preisen
für die man in Deutschland lediglich einen
Döner bekommt. Ich glaube soviel Fleisch
wie in diesen vier Tagen esse ich sonst in einem
ganzen Monat.
An
Sehenswürdigkeiten als solche hat die 15
Millionen Metropole nicht unbedingt soviel zu
bieten. Die Häuser im Zentrum sind im Stil
europäischer Großstädte gebaut
und der Großteil aller Straßen ist
von Bäumern gesäumt.
Allerdings muss ich sagen, dass der Friedhof im
Stadtteil Recoleta der imposanteste ist, den ich
jemals gesehen habe. Die Gräber sind in Wirklichkeit
mehr oder weniger große Mausoleen und das
ganze Gelände umfasst beinahe die Fläche
eines kleinen Stadtviertels. Um dort beerdigt
zu werden bedarf es nicht nur sehr viel Geldes;
man sagt ein Plätzchen dort kostet mehr als
ein ganzes Leben in Saus und Braus in der argentinischen
Hauptstadt. Genauso wichtig ist selbstverständlich
der entsprechende Name. Unter anderen ist hier
Eva Peron (Evita) beerdigt.
Die größte Attraktion ist der Caminito
im Stadtteil La Boca, die Wiege des Tango. Es
ist nicht viel mehr als eine bunt zusammengewürfelte
Ansammlung von farbigen Häusern. Schön
anzusehen, aber leider ist von dem einst vorhandenen
Flair nicht mehr viel übrig geblieben und
das ganze Gelände auf eine Touristenattraktion
reduziert.
Buenos
Aires ist eine Stadt, die voller Leben ist. Die
Ausgehkultur prägt die Atmosphäre, sodass
ich sie insgesamt wohl am Besten als „pura
vida“ beschreiben würde. Insbesondere
im Stadtteil Palermo reihen sich moderne und originelle
Cafés aneinander, das Leben pulsiert bis
in die frühen Morgenstunden in den Bars und
Clubs.
Die Restauraunts sind zu den Essenszeiten immer
voll, und in dieser Hinsicht merkt man nicht,
das sich die Armut in Argentinien seit dem Absturz
des Peso vor einigen Jahren beinahe verdoppelt
hat. Auch dies ist ein Teil von Buenos Aires,
die Kehrseite.
In
der U-Bahn, die dort übrigens Subte heisst,
werden einige Wägen innen noch mit normalen
Glühbirnen anstatt mit Neonröhren beleuchtet,
sodass die Atmosphäre dort unterwegs an ein
schwach beleuchtetes Wohnzimmer erinnert. Es macht
Spaß sich auf diesem Wege fortzubewegen,
die Menschen erscheinen in diesem Licht schöner
als sie wahrscheinlich sind. Auf den Straßen
hatte ich nämlich nicht unbedingt den Eindruck,
dass die Argentinier herausragend schön sind.
Wahrscheinlich ein klassischer Fall von enttäuschten,
viel zu hohen Erwartungen.
Und
der Tango? In dieser Hinsicht kann den Argentiniern
keiner das Wasser reichen. Er steckt den Leuten
dort im Blut, und es gibt viele kleine Bars, in
denen die Menschen tanzen. Es ist faszinierend
zu sehen, wieviel Leidenschaft in diesem Tanz
zum Ausdruck kommt.
Auch auf den Straßen zeigen professionelle
Tangotänzer ihr Können, und da kann
es schon mal vorkommen, dass spontan ein altes
verrunzeltes Pärchen aus dem Publikum die
Bühne für sich beansprucht und sich
zurücktanzt in Zeiten, in denen das Alter
noch nicht schwer auf den Schultern lastete.
So
fahre ich zurück nach Chile und hoffe, dass
dieser Ausflug nach Buenos Aires nicht der letzte
war und ich bald dorthin zurückkommen werde.
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